11.12.2023

Die Macht der Worte


Friede, Freude, Familie? Leider nicht immer! Wie man innerhalb des Familienunternehmens eine gute Kommunikation schafft, weiß Andrea Hartmair.

20 Jahre Marketing- und Kommunikationserfahrung, allein 10 Jahre verantwortungsvolle Managementpositionen, zuletzt als Chief Communications Officer (COO) bei Bachmann, einem Premium-Hersteller aus der Elektrotechnik-Industrie. Klar, dass Andrea Hartmair im Laufe ihres Berufslebens sehr vieles erlebt hat, was den zwischenmenschlichen Bereich betrifft. Und auch die vergangenen Jahre der Selbstständigkeit zeigten: Mit einer guten Kommunikation steht und fällt in einem Unternehmen alles – extern, aber ganz besonders auch intern.

„Die Familienunternehmen, die ich betreue, wurden mit viel Herzblut, Liebe und Leidenschaft aufgebaut“, berichtet Andrea Hartmair. „Ich weiß, dass die nächste Generation in einem Familienunternehmen immer die erste Wahl ist, wenn wir über Unternehmensnachfolgen sprechen.“ Aber: „Für beide Generationen ist es eine große Aufgabe. Loslassen und Annehmen – das muss Hand in Hand geschehen.“ Und dazu gehört eben auch die perfekte Kommunikation.

Aller guten Dinge sind drei: Move Talk, Basic Talk, High Talk

Es lohnt sich also, tief in das Feld der Kommunikation einzusteigen. Andrea Hartmair unterscheidet wie andere Experten auch zwischen: Move Talk, Basic Talk und High Talk. Was das genau bedeutet?

  1. Move Talk: ist die höchste Ebene des Sprechens und passiert nonverbal. Jeder hat es sicher schon selbst einmal erlebt: Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte. Denn: Unser Körper spricht auch dann, wenn wir gerade nichts sagen.
  2. Basic Talk: nennt man die zweite Ebene des Sprechens, sie geht verbal vonstatten und ist nicht intellektuell. Bedeutet konkret: Kurze Formulierungen, keine Fachbegriffe.
  3. High Talk: verbal und intellektuell, lässt sich als niedrigste Ebene des Sprechens übersetzen. Expertise, Differenziertheit, Argumente, die wirklich sitzen, bekommt man in Gesprächen wie diesen zu hören.
Kommunikationsebenen

Wie die folgende Grafik veranschaulicht, zeigt sich die Kraft der einzelnen Ebenen in Konflikten besonders deutlich.

 

Allgemein gesehen und im Besonderen in Familienunternehmen gilt: Allein die Ebene des Talks, des Gesprächs, sagt nichts darüber aus, welche Richtung die Konversation im weiteren Verlauf einnimmt. „Bei Diskussionen, Verhandlungen oder gar Konflikten ist es immer gut, auf der gleichen oder einer höheren Ebene miteinander zu sprechen. Niemals darunter“, gibt Andrea Hartmair mit auf den Weg.

Was Männer ausmacht und Frauen können

Gut zu wissen, um sich gegenseitig zu verstehen, ist auch, welche Macht Worte einnehmen können. Die Wissenschaft unterscheidet zwischen horizontaler und vertikaler Ebene – im Grunde zwei Sprachsysteme, die wir bespielen. Sich derer bewusst zu sein, ist ein wichtiger Baustein, um erfolgreich zu kommunizieren. Die beiden Begriffe – einfach erklärt:

  • Vertikale Ebene: … wird in der Regel von Männern besetzt, sie liefern Zahlen, Daten und Fakten. Zeigen Leistung. Und tun das auch, um den Rang zu klären.
  • Horizontale Ebene: … bespielen meist Frauen, in dem sie emotional, blumig und bildhaft sprechen.   

Spannender Fakt am Rande: Wenn zwei Menschen aufeinandertreffen – der eine auf horizontaler, der andere auf vertikaler Ebene, dann ist der eine dem anderen meist hoffnungslos über- bzw. unterlegen.

Welche Rolle die Familie spielt

In Familienunternehmen spielen noch andere Punkte mit in die Kommunikation. Der Wunsch, das Erbe zu erhalten und die Firma nicht zu liquidieren. Die Tradition und Werte, die gemeinsam gepflegt werden. Auf der einen Seite die vielen Entbehrungen, die die ältere Generation auf sich nehmen musste. Und auf der anderen Seite die Visionen, die der jungen Generation in den Köpfen steckt, um die Firma zukunftssicher aufzustellen, am Markt zu stärken und Arbeitsplätze zu erhalten.

 

Spielregeln, um Streit, Diskussionen und Kontroversen zu vermeiden, können hier helfen:

  1. Aktives Zuhören und den anderen aussprechen lassen. Auch wenn es auf der Zunge brennt, dass die eigene Meinung doch eigentlich die bessere wäre…
  2. In die Schuhe des anderen stellen und bewusst seine Position einnehmen. Also: Sich selbst ehrlich und offen hinterfragen, welche Ziele man selbst an der Stelle des Gegenübers verfolgen würde und wie man sich aus (alten) Denkmustern befreien kann.
  3. Gemeinsam Lösungen suchen und finden. Die liegen – wie so oft in der goldenen Mitte. Innovation kann Altes bereichern und das Unternehmen auf ein neues Level heben. Neue Ideen leben aber auch davon, eine Portion Bodenständigkeit und Einbettung in die große Ganze zu bekommen.

Die „4 Seiten der Botschaft“

Was Andrea Hartmair immer wieder feststellt: Gerade in Familien wird bewusst darauf geachtet, betont auf der Sachebene zu bleiben, um Berufliches und Privates zu trennen. Ganz so einfach, wie man eben aber denkt, ist es nicht immer. Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun verdeutlich das am Modell der „4 Seiten einer Botschaft“, auch Kommunikationsquadrat genannt. Diese beinhalten:

  1. Eine Sachinformation – und worüber ich informiere.
  2. Eine Selbstkundgabe – und was ich von mir zu erkennen gebe.
  3. Einen Beziehungshinweis – und was ich von dir halten
  4. Einen Appell – und was ich bei dir erreichen möchte.

So deutlich zeigt sich das Problem am Beispiel

Am Beispiel der Familienunternehmen könnte ein Gespräch so aussehen:

 

Der Vater sagt:

Sachebene: Wir haben einen Geldeingang.

Selbstkundgabe: Ich weiß nicht, woher es kommt.

Beziehungshinweis: Du hast die Info.

Appell: Kannst du mir helfen und mich aufklären?

 

Die Nachfolgerin versteht ihren Vater auf den unterschiedlichen Ebenen so:

Sachebene: Wir haben einen Geldeingang.

Selbstkundgabe: Was lief da falsch?

Beziehungshinweis: Du bist schlecht in Buchhaltung!

Appell: Kannst du dich das nächste Mal besser drum kümmern?

 

Dass genau solche Missverständnisse in der Kommunikation in Familienunternehmen entstehen können, weiß Andrea Hartmair aus ihrer täglichen Arbeit. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht: „Man kann an der eigenen Kommunikation arbeiten.“ Was die Expertin immer wieder aufs Neue freut: „Ein Schlüsselerlebnis ist für mich immer wieder, wenn sich Vater und Tochter (exemplarisch) plötzlich wundern, dass die Abstimmungen und Umsetzungen deutlich schneller und unkomplizierter laufen.“ Sie ist sich sicher: „Communication is king!“

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andrea@managermama.de